Liquidität eines Optionsscheines - wichtig oder unwichtig?In Diskussions-Foren liest man des öfteren, daß jemandem von einem Optionsschein abgeraten
wird, weil "dieser einen zu geringen Umsatz hat". Meistens wird auf einen vergleichbaren Schein mit höherem Volumen verwiesen, der sich bei näherem Hinsehen aber als Mogelpackung herausstellen kann. Um hier in Zukunft böse
Überraschungen zu vermeiden ist es notwendig, sich zuerst mit dem theoretischen Ansatz zu beschäftigen.
Bei jedem Optionsschein gibt es ein mehr oder weniger hohes Liquiditätsrisiko. Dieses ist folgendermaßen definiert:
Die Liquidität einer Kapitalanlage beschreibt die Möglichkeit für den Anleger, seine Vermögenswerte jederzeit zu marktgerechten Preisen zu verkaufen. Dies ist üblicherweise dann der Fall, wenn ein Anleger seine
Wertpapiere verkaufen kann, ohne daß schon ein (gemessen am marktüblichen Umsatzvolumen) durchschnittlich großer Verkaufsauftrag zu spürbaren Kursschwankungen führt und nur auf deutlich niedrigerem Kursniveau abgewickelt werden kann.
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Grundsätzlich sind
Breite und
Tiefe eines Marktes entscheidend für schnelle und problemlose Wertpapiertransaktionen: Ein Markt besitzt Tiefe, wenn viele offene Verkaufsaufträge zu Preisen unmittelbar über dem herrschenden Preis im Markt
vorhanden sind und umgekehrt viele offene Kaufaufträge zu Preisen unmittelbar unter dem aktuellen Kursniveau. Als breit kann ein Markt dann bezeichnet werden, wenn diese Aufträge nicht nur zahlreich sind, sondern sich außerdem auf hohe
Handelsvolumina beziehen.
Allerdings können auch Schwierigkeiten beim Kauf oder Verkauf von Optionsscheinen auftreten, was dann als
angebots- und nachfragebedingte Illiquidität bezeichnet wird.
In vielen Fällen kommen tagelang Notierungen an der Börse zustande, ohne daß Umsätze stattfinden. Für solche Optionsscheine bestehen zu einem bestimmten Kurs nur Angebot (Briefkurs) oder nur Nachfrage (Geldkurs). Unter diesen Umständen
ist die Durchführung Ihres Kauf- oder Verkaufsauftrages nicht sofort, nur in Teilen (Teilausführung) oder nur zu ungünstigen Bedingungen möglich.
Alle Kurszusätze und -hinweise
Zusatz bei liquidem Handel
bezahlt (b)
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Alle Aufträge sind ausgeführt
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Zusätze in einem engen Markt
Geld (G)
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Zu diesem Kurs gab es Nachfrage. Es fand sich kein Verkäufer (kein Umsatz)
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rationiert Geld (ratG)
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Alle Kaufaufträge, auch die unlimitierten, konnten nur beschränkt ausgeführt werden. Es fanden sich kaum Verkäufer
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etwas bezahlt Geld (ebG)
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Die limitierten Kaufaufträge konnten nur zu einem geringen Teil ausgeführt werden. Es fanden sich wenig Verkäufer
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bezahlt Geld (bG)
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Die limitierten Kaufaufträge konnten nicht vollständig ausgeführt werden. Es fanden sich nicht genug Verkäufer
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Taxe (T)
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Kauf- und Verkaufslimite liegen weit auseinander, der Kurs ist geschätzt (kein Umsatz)
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bezahlt Brief (bB)
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Die limitierten Verkaufsaufträge konnten nicht vollständig ausgeführt werden. Es fanden sich nicht genug Käufer
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etwas bezahlt Brief (ebB)
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Die limitierten Verkaufsaufträge konnten nur zu einem geringen Teil ausgeführt werden. Es fanden sich wenig Käufer
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rationiert Brief (ratB)
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Alle Verkaufsaufträge, auch die unlimitierten, konnten nur beschränkt ausgeführt werden. Es fanden sich kaum Käufer
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Brief (B)
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Zu diesem Kurs gab es Angebot. Es fand sich kein Käufer (kein Umsatz)
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Hinweise, falls kein Kurs zustande kommt
gestrichen (-)
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Es liegen keine Aufträge vor (kein Umsatz)
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ausgesetzt (aus)
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Vorübergehend kein Handel, oft unmittelbar vor wichtigen Nachrichten (kein Umsatz)
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Dieses Problem hat die
European Warrant Exchange (EUWAX) in Stuttgart schon vor längerer Zeit erkannt und dementsprechend reagiert. Im folgenden stellen wir Ihnen das
System der Optionsscheinbörse EUWAX in kurzer Form vor und wollen Ihnen damit verdeutlichen, daß das Volumen bei der Auswahl eines Optionsscheins ein wichtiger, aber nicht der
ausschlaggebende Faktor sein sollte.
Bei jeder eingehenden Order wird zunächst geprüft, ob sich eine dem Auftrag und dem Limit des Anlegers entsprechende Gegenposition an der Börse findet.
Da dies jedoch eher der Ausnahmefall ist, stellt sich nun die Frage, was mit der Order geschieht. Sämtliche Emissionshäuser verpflichten sich mit der Ausgabe von
Optionsscheinen zum sogenannten
Market-Marking, müssen also auf Anfrage verbindliche An- und Verkaufskurse für eigene Warrants stellen. Dieses Tatsache
macht sich die EUWAX zunutze, indem sie den Auftrag einfach an den Emittenten weiterleitet. Hat der Anleger eine Kauforder abgegeben und an der Börse findet sich kein
Verkäufer des entsprechenden Scheins, so wird der Auftrag an den Market-Maker, also den Emittenten weitergegeben und die Order zu dessen Briefkurs abgerechnet.
Entsprechend wird eine Verkaufsorder, die keine Gegenposition an der Börse findet, über den Market-Maker zu dessen Geldkurs abgerechnet. Durch dieses Verfahren muß
sich der Anleger um die Ausführung seiner Order also keine Sorgen machen, da diese im Normalfall so gut wie gewährleistet ist. Da eine Abwicklung der Order über den
Emittenten eher die Regel ist, obwohl man als Privatanleger natürlich nichts davon mitbekommt, weichen die an der Börse erzielten Konditionen in den meisten Fällen kaum
von den Preisen der Emittenten ab.
Aus dieser Darstellung lassen sich nun verschiedene Erkenntnisse ableiten:
Der Anleger sollte bei Optionsscheinen mit sehr geringen oder gar keinen Umsätzen
sein gesetztes Limit beim Kauf oder Verkauf nicht nur nach dem letzten gehandelten Börsenkurs des Scheins richten, sondern eher nach dem aktuell gestellten Kurs des Emittenten.
Wie oben erwähnt ist dieser Kurs in Bezug auf Aktualität und Konditionen ohne weiteres mit dem an der Börse notierten Kurs zu vergleichen. Den einzigen Unterschied stellt die
Tatsache dar, daß der Emittentenkurs nicht in Abhängigkeit von dem Volumen steht. Über die aktuellen Kursnotierungen kann man sich auf verschiedene Weise informieren.
Den einfachsten Weg stellt der Videotext dar: fast alle großen TV-Sender haben heute Optionsschein-Kurse eines oder mehrerer Emittenten auf ihren Videotext-Tafeln, die Kurse
sind meist nur etwa 1-5 Minuten alt. Die meisten Optionsschein-Kurse können aber auch im Internet bei den Emittenten selbst nachgefragt werden. Einen Auflistung der
Kurs- und Kontaktinformationen aller Emittenten können Sie hier abrufen.
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Ein entscheidenes Kriterium bei der Wahl des Optionsscheins sollte statt der Umsätze vielmehr
der vom Market-Maker/Emittenten gestellte Spread sein. Je weiter die Spanne zwischen An- und Verkaufskurs, desto höher die Kosten für den Anleger. Beispiel: Einen Schein, den
man für EUR 0,20 (Briefkurs) kaufen muß, gleichzeitig aber nur für EUR 0,10 (Geldkurs) verkaufen könnte, ist unbedingt zu meiden: Der Geldkurs müßte erstmal auf EUR 0,20
(also um 100%) steigen, um überhaupt die Gewinnschwelle zu erreichen. Gute Market-Maker erkennt man an engen Spreads. Wichtig: Um die Spreads verschiedener Scheine direkt
miteinander vergleichen zu können, muß das jeweilige Bezugsverhältnis berücksichtigt werden.
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Jeder Anleger sollte seine Optionsschein-Orders grundsätzlich in Stuttgart plazieren. Kein anderer
Börsenplatz kann im Bereich Optionsscheine einen auch nur annähernd so guten Service bieten. Zum einen wird jede Order automatisch an die EUWAX weitergeleitet. Darüber hinaus
bietet Stuttgart noch weitere Vorteile für den Optionsschein-Anleger: Die EUWAX besitzt ein elektronisches Kurs-Überwachungssystem, genannt LICOS (Limit Control System). Dieses
System vergleicht ständig die Börsenkurse des Optionsscheines mit dem Geld- bzw. Briefkurs des Market-Maker. Sollte sich nun doch einmal eine passende Gegenposition an der Börse finden, so prüft
LICOS zunächst, welcher Kurs für den Anleger der günstigere ist. Wenn dieses der Briefkurs des Emittenten ist, so wird die Order über den Emittenten abgewickelt - obwohl eine Gegenposition an
der Börse vorhanden wäre. Zudem werden in Stuttgart historische Kurslisten aller gehandelten Optionsscheine geführt, so daß Unregelmäßigkeiten bei der Orderausführung auf Nachfrage schnell
geklärt werden können.
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Fazit:
Auch umsatzlose Optionsscheine sind, solange Sie die Order am Börsenplatz Stuttgart plazieren, handelbar. Allerdings sollte sich jeder Anleger im Klaren darüber sein, daß die Emittenten freiwillig kein Geld
verschenken. Dies bedeutet, daß die gewaltigen Kursveränderungen, hervorgerufen durch zu weite oder gar keine Limite, die man zuweilen an den Börsen beobachten kann, bei dem vom Emittenten gestellten
Kurs nicht auftreten werden.